3. Teil von der heiteren Hotelgeschichte vom 14.11./15.11.2015 in Lindau

...Ein grimmig aussehender Serbe gesellt sich zu Günthers Missfallen zu uns und lässt sich äch-zend neben mir nieder. Er belehrt mich ohne Umschweife und recht schroff, dass ich mir keine Hoffnung machen solle, ihn haben zu wollen, da er glücklich vergeben sei. Ob wohl der Dampf des aktuell durch mich genossenen «Schenkkaffees auf Umwegen» verursacht hat, dass ein neutraler Blick von mir zu dem ungebetenen Gast am Tisch von ihm als zu glü-hend empfunden worden war? Kurz und knapp informiere ich ihn, dass ich kein Interesse an einer Beziehung mit ihm hätte. Er atmet auf und erzählt mir daraufhin von seinem Haus direkt am See und dass er eine «gute Partie» sei, da sein Grundstück in den letzten Jahren immer mehr wert geworden sei und deshalb vor Frauen immer auf der Hut sei. Gut haben wir das nun geklärt!

Seit Stunden beobachte ich aus dem Augenwinkel eine Frau, wie sie unablässig Münze um Münze in einen einarmigen Banditen einwirft und dabei ein Kaleidoskop an Gefühlen wie Rastlosigkeit, Adrenalinschüben abwechselnd mit Enttäuschung und Frustration, wenn der grosse Gewinn erneut nicht erzielt werden konnte, zeigt.

Sie blickt vom Automaten hoch, fixiert mich mit starrem Blick und kommt ebenfalls zu mei-nem Tisch. Im letzten Augenblick, ehe mich ihre Blicke wie Dolche zu erstechen drohen, wendet sie sich dem Serben zu. Sie scheint dessen glückliche Beziehung zu sein und ver-langt forsch Kleingeld von ihm, damit sie weiter ihrer offensichtlichen Spielsucht frönen kann. Es entsteht ein kurzer und heftiger Disput, ehe sie sich schmollend ohne Kleingeld wieder trollt und missmutig den einarmigen Banditen argwöhnisch bewacht, damit sich ja niemand anderes traut, damit zu spielen, da sie selbst ihr Einsatzlimit für heute erreicht hat.

Endlich beschliessen Günther und der Serbe, meinen Tisch wieder zu verlassen. Hoffnungs-voll versuche ich die Aufmerksamkeit der Wirtin zu erlangen, damit ich endlich meine Rechnung begleichen kann. Sie nickt und wieselt zu ihrem Mann, der gerade wieder ein-mal mehr wie ein Torpedo (mit Turban) durch die Schwingtür geschossen kommt und ihr nur mit einem halben Ohr zuhört, während sie verzweifelt versucht, herauszufinden, welche Getränke mir zu berechnen seien. Als es ihr schliesslich zu bunt wird, schreit sie ihn so laut an, dass alle übrigen Gespräche im Raum kurzzeitig verstummen. *Was hoat’s gsoffn?» Endlich lässt der beschwipste Wirt für einen Moment seine Faxen und gibt ihr die Antwort, die sich auch mit meiner Erinnerung an die selber bestellte Konsumation deckt.

Minuten später darf ich endlich alles einschliesslich dem für den Folgemorgen bestellten Frühstücks bezahlen und eile dann, verfolgt von diversen bedauernden Rufen vom Gebur-tags-Jimmy-Tisch, ich möchte doch noch bleiben, so rasch ich kann in mein Zimmer.

Ich vergewissere mich, dass ich die Zimmertür ordentlich abgeschlossen habe und versinke, kaum in der Horizontalen angekommen, in einen tiefen und traumlosen Schlaf.

Einen gefühlten Augenblick später weckt mich lautes Rumpeln und betretenes Lallen. In meine Bettdecke eingekuschelt lausche ich durch die dünne Wand, wie Geburtstags-Jimmy und Günther mit viel Getöse und gegenseitigem «Psst»-Zischen, weil sie auf der stei-len Treppe mehrmals hinfallen und überall, wahrhaftig überall, wo man anstossen kann, mit Riesenlärm anstossen. Begleitet wird das Ganze durch eine längere lautstarke Diskussion mit dem Wirt, der nicht so ganz mit der Gastfreundlichkeit der Wirtin einverstanden scheint, welche diesen Teil der Geburtstagsgesellschaft kurzerhand in einem freien Doppelzimmer einquartiert hat. Schliesslich haben es Jimmy und Günther geschafft, den Kampf mit der viel zu schmalen Türe, welche verhindert, dass beide gleichzeitig durch den Türrahmen torkeln können, zu beenden, indem sie einzeln ins traute Schlafreich eintreten. Bald schon ist nur-mehr zweistimmiges Schnarchen von den beiden zu hören.

Erleichtert schliesse ich in der Hoffnung auf nun ungestörte Nachtruhe meine Augen.

Doch, was ist nun da draussen schon wieder los? Ich höre schleichende Schritte, welche sich meinem in einer Sackgasse gelegenen Zimmer nähern. Ich halte den Atem an und se-he, wie jemand von aussen die Klinke der Tür zu meinem Zimmer langsam herunterdrückt, kurz verharrt und dann etwas hektisch die Klinke immer wieder hebt und senkt. Wie dank-bar bin ich, dass ich meine Zimmertür fest verschlossen weiss!

Urplötzlich höre ich enttäuschtes, eindeutig zum Wirt gehörendes Geschrei, weil er mein Zimmer nicht wie geplant entern kann. Schliesslich tritt er den Rückweg an, fällt mit lautem Getöse über die Kommode im engen Gang, vor welcher er mich Stunden zuvor noch für-sorglich gewarnt hatte und verschwindet Richtung Wirtewohnung.

Ich liege mit klopfendem Herzen im Bett und kann kaum glauben, was soeben geschehen ist. Als ich mich etwas beruhigt habe, falle ich in einen unruhigen Schlummer.

Ich erwache vor dem Wecker, mache mich reisefertig und packe meinen Koffer. Gerade als ich mein Zimmer Richtung Frühstücksraum verlassen will, höre ich erneut schleichende Schritte sich meinem Zimmer nähern. Dieses Mal wird leise angeklopft. Da ich keine Lust auf eine neue Begegnung mit dem Wirt habe, verhalte ich mich still und höre ein leises Ra-scheln, ehe sich die Schritte wieder entfernen.

Kurze Zeit später öffne ich vorsichtig die Türe und schaue in den nun leeren Gang, wäh-rend etwas von der Türklinke zu Boden segelt. Rasch hebe ich einen Umschlag auf und schleiche nun meinerseits möglichst lautlos zur Treppe und auf direktem Weg aus dem Ho-tel. Erfolgreich in der Freiheit angelangt, schaue ich mir den Umschlag näher an, auf wel-chem in krakeliger Schrift notiert ist, dass das Frühstück leider infolge einer plötzlichen Er-krankung des Wirtepaares entfalle. Unterschrieben hat die Wirtin und Im Umschlag finde ich das für’s Frühstück vorbezahlte Geld fein säuberlich abgezählt.

Zum Glück bin ich bereits so weit vom Hotel entfernt, so dass mein lautes Lachen nicht wei-ter auffällt. Ich hole mir auf der Halbinsel am Bahnhof Lindau ein feines Zmorgebrötli beim Bäcker, ehe ich meinen zweiten Ausbildungstag in der nahen Schule beginne.

Wie froh bin ich über meine hellseherische Phase, welche mich in weiser Voraussicht die Rechnung im Voraus begleichen liess wie auch die Ehrlichkeit der Wirtin, welche trotz «schwerer plötzlicher Krankheit» eine Rückerstattung des Frühstücksgeldes organisierte.

PS: Besagtes Hotel habe ich bei weiteren Ausbildungseinheiten kein zweites Mal besucht und mir stattdessen eine besser passende Unterkunft gesucht. Trotzdem denke ich oft mit Schmunzeln an dieses sehr erlebnisreiche Wochenende zurück.

Die kleine Kneipe – Peter Alexander

Der Abend senkt sich auf die Dächer der Vorstadt,

Die Kinder am Hof müssen heim.

Die Krämersfrau fegt das Trottoir vor dem Laden,

Ihr Mann trägt die Obstkisten rein.

Der Tag ist vorüber, die Menschen sind müde,

Doch viele gehen nicht gleich nach Haus.

Denn drüben klingt aus einer offenen Türe,

Musik auf den Gehsteig hinaus.

Die kleine Kneipe in unserer Strasse,

Da wo das Leben noch lebenswert ist.

Dort in der Kneipe in unserer Strasse,

Da fragt dich keiner, was du hast oder bist.

Die Postkarten dort an der Wand in der Ecke,

Das Foto vom Fußballverein,

Das Stimmengewirr, die Musik aus der Jukebox,

All das ist ein Stückchen daheim.

Du wirfst eine Mark in den Münzautomat,

Schaust andern beim Kartenspiel zu.

Und stehst mit dem Pils in der Hand an der Theke,

Und bist gleich mit jedem per Du.

Die kleine Kneipe ...

Man redet sich heiß und sprich sich von der Seele,

Was einem die Laune vergällt.

Bei Korn und bei Bier findet mancher die Lösung,

Für alle Probleme der Welt.

Wer Hunger hat, der bestellt Würstchen mit Kraut,

Weil es andere Speisen nicht gibt.

Die Rechnung, die steht auf dem Bierdeckel drauf,

Doch beim Wirt hier hat jeder Kredit.

Die kleine Kneipe ...

Die kleine Kneipe ...